Im Gespräch mit Daniela Decurtins, Direktorin Verband der Schweizerischen Gasindustrie
Wer seine alte Heizung ersetzen muss, kann heute zwischen mehreren Technologien wählen. Was spricht noch für eine Gasheizung?
Daniela Decurtins: Moderne Gasheizungen arbeiten sehr energieeffizient. Und sie werden immer klimaschonender, weil das Gas zum Heizen immer mehr erneuerbares Gas enthält. Unsere Branche hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Anteil bis 2030 auf 30% zu erhöhen. Die SWL Energie AG geht hier mit gutem Beispiel voran. Ihr Standardprodukt besteht bereits aus 20% Biogas. Zudem lässt sich eine Gasheizung ideal mit Sonnenkollektoren fürs Warmwasser oder mit einer Solarstromanlage ergänzen.
Der Trend geht aber in Richtung Wärmepumpen ...
Wärmepumpen sind nicht überall einsetzbar. Gerade bei bestehenden Bauten eignen sie sich oft nicht. Auch in denkmalgeschützten Häusern oder in Innenstädten, wo keine Bohrungen für Erdsonden möglich sind, braucht es eine andere Lösung. Hier empfiehlt sich eine Gasheizung, die ja auch mit erneuerbaren Gasen betrieben werden kann.
Gas wird oft in einem Atemzug mit Heizöl genannt und als fossile Energie von gestern abgetan. Wie wollen Sie dieses Image verändern?
Gegenüber Heizöl positioniert sich Erdgas klar: Es stösst 25% weniger CO2 aus. Bei einem Anteil von 20% Biogas wie in der Region Lenzburg beträgt die CO2-Reduktion sogar 40%. Ausserdem spielt Gas eine zentrale Rolle, wenn die Schweiz ihre Klimaziele erreichen und die Versorgungssicherheit trotzdem auf dem bisherigen Niveau halten will. Nach wie vor hört man, für die Energiewende müsse man nur das ganze Energiesystem elektrifizieren und den Strom aus erneuerbaren Energien gewinnen. Doch es zeigt sich immer deutlicher, dass wir künftig im Sommer einen Überschuss an erneuerbarem Strom haben werden und im Winter zu wenig davon. Hier helfen das Gasnetz und Gasspeicher. Sie schaffen den saisonalen Ausgleich. Denn erneuerbarer Strom lässt sich in erneuerbares Gas umwandeln und so speichern. Gas ist also keine Energie von gestern, sondern eine Säule der Energiezukunft, um das Energiesystem CO2-neutral zu gestalten. Dafür braucht es eine Kopplung von Strom, Gas und Wärmenetzen und die Nutzung von erneuerbarem Gas und Wasserstoff. Wir arbeiten daran, dass die Bevölkerung und die Politik diese Zusammenhänge besser kennen. Dazu treten wir zum Beispiel an vielen Veranstaltungen auf. Und wir haben die neue Marke gazenergie geschaffen.
Sie haben bereits erwähnt, dass sich die Gasbranche ein klares Ziel gesetzt hat: Bis 2030 will sie beim Gas zum Heizen den Anteil des erneuerbaren Gases auf 30% erhöhen. Was unternehmen Sie dafür?
Wir verfolgen drei Stossrichtungen, um das Ziel zu erreichen. Erstens unterstützen wir Biogasanlagen mit Geldern aus unserem Förderfonds. Dieser besteht bereits seit zehn Jahren – also nicht erst seit Greta Thunberg und der Klimajugend. Bei der Förderung erneuerbarer Energien gehören wir zu den Pionieren. Zweitens investieren wir in die Forschung, um die Produktionskosten von erneuerbarem Gas zu senken. Gerade die Schweizer Landwirtschaft verfügt über ein grosses Potenzial. Sie könnte aus ihrem Hofdünger noch viel mehr Biogas produzieren. Doch das muss sich finanziell lohnen. Drittens arbeiten wir daran, dass importiertes Biogas aus organischen Abfallstoffen als erneuerbare Energie an erkannt und von der CO2-Abgabe befreit wird.
Lässt sich in der Schweiz denn nicht genügend erneuerbares Gas produzieren?
Die benötigte Menge für unser 30% Ziel können wir mit einheimischem Gas erreichen. Allerdings kostet erneuerbares Gas aus der Schweiz mehr als jenes aus dem Ausland. Viele Konsumentinnen und Konsumenten wünschen sich möglichst günstiges Gas. Daher macht es Sinn, einen Teil des erneuerbaren Gases zu importieren.
Die SWL Energie AG beteiligt sich an der schweizweit ersten industriellen Power-to-Gas-Anlage in Dietikon. Diese macht aus erneuerbarem Strom erneuerbares Gas. Welches Potenzial sehen Sie für diese Technologie?
Ein grosses Potenzial. Denn Power-to-Gas-Anlagen lösen ein Problem, das ich schon angesprochen habe: Damit können wir im Sommer, wenn die Photovoltaikanlagen künftig sehr viel Strom liefern, überschüssigen Strom in erneuerbares Gas umwandeln. Dieses lässt sich speichern und im Winter verwenden. Eine solche Speicherung von erneuerbarer Energie ermöglicht bisher keine andere Technologie. Je mehr Strom aus Sonnen und Windenergie entsteht, desto wichtiger wird also das Power-to-Gas-Verfahren. Nun geht es darum, seine Kosten zu senken. Mit der Anlage von Limeco in Dietikon erzielen wir hier einen grossen Fortschritt.