Als Energiestadt will Lenzburg vermehrt auf erneuerbare Energien setzen und die Energieeffizienz steigern. Dabei helfen intelligente Technologien. Sie ermöglichen der Stadt, Ressourcen gezielter zu nutzen und gleichzeitig Abläufe zu verschlanken – für mehr Lebensqualität.
Staus gehören der Vergangenheit an. Niemand braucht mehr einen Parkplatz zu suchen. Man wird einfach zum nächsten freien gelotst. Wer beim Bahnhof ankommt und in die Altstadt fahren möchte, steigt entweder auf ein Velo des Verleihsystems um oder bucht per App eine Fahrt im autonomen Sammeltaxi. Jede Strassenleuchte stimmt die Helligkeit nachts automatisch darauf ab, ob es gerade Fahrzeuge oder Personen in ihrer Nähe gibt. Wer einen Parkplatz, den Eintritt ins Schwimmbad oder ein anderes städtisches Angebot bezahlen will, tut dies bequem mit einer einzigen App.
So oder ähnlich könnte Lenzburg 2030 aussehen. Die Stadt will sich in den nächsten Jahren zu einer Smart City entwickeln. In einer solchen intelligenten Stadt sind die öffentlichen Infrastrukturen für Versorgung, Entsorgung, Mobilität und Kommunikation digital miteinander verknüpft und lassen sich dadurch optimieren. Das steigert die Lebensqualität, schont die natürlichen Ressourcen, senkt den CO2-Ausstoss und bringt der Wirtschaft einen Standortvorteil.
Bevölkerung und Verwaltung profitieren
Die Stadt packt den Umbau zur Smart City schrittweise an. Den Impuls gab die Anfrage eines spezialisierten Unternehmens, ob Lenzburg daran interessiert sei, intelligente Technologien auszuprobieren. «Der Stadtrat war sich schon damals bewusst, dass den Smart Citys die Zukunft gehört und wir uns diesem Trend nicht entziehen können», sagt Stadtammann Daniel Mosimann. Deshalb beschloss die Stadtregierung, die Entwicklung hin zu einer Smart City in Gang zu setzen.
Zurzeit legen vier Arbeitsgruppen Massnahmen in den Bereichen Bezahlsysteme, Mobilität, Energie/Umwelt und Daten fest. Die Teams bestehen aus Vertretern von Lenzburger Unternehmen und der Stadt sowie aus weiteren Fachleuten. Am 28. Mai 2020 präsentieren sie an einer Fachtagung den aktuellen Stand ihrer Arbeiten. Für Daniel Mosimann ist die Stossrichtung klar: «Die neuen Technologien sollen sowohl der Bevölkerung als auch der Verwaltung einen Nutzen stiften, Abläufe vereinfachen und Schnittstellen beseitigen.»
Glasfaser- und LoRa-Netz als Basis
Energie und Mobilität spielen in der Smart City der Zukunft eine wichtige Rolle. Deshalb arbeitet die Stadt eng mit der SWL Energie AG zusammen. Laut Geschäftsführer Markus Blättler gehört zu den Zielen, mehr Energie lokal zu produzieren und sie möglichst auch lokal zu verbrauchen: «In einer Smart City werden Energieproduktion und -nachfrage automatisch aufeinander abgestimmt und überschüssige Energie gespeichert.»
Weil in der intelligenten Stadt von morgen grosse Datenmengen fliessen, braucht es eine leistungsstarke Kommunikationsinfrastruktur. In Lenzburg hat die SWL Energie AG bereits mit zwei Netzen vorgesorgt: Erstens sind die Gebäude und einige wichtige Anlagen ans Glasfasernetz angeschlossen. Zweitens dient das sogenannte LoRa-Netz (Long Range Wide Area Network) dazu, die Daten von zahlreichen Anlagen und Geräten bis zum nächsten Anschlusspunkt ans Glasfasernetz zu transportieren.
Kontakt zu den Bürgern behalten
Bei der Heizzentrale der Lenzburger Überbauung «Widmi» hat die SWL Energie AG schon eine smarte Funktion realisiert. Wenn die Sensoren des Holzschnitzelsilos einen tiefen Füllstand messen, wird diese Information via LoRa-Netz automatisch den SWL-Fachleuten gemeldet. Mit der gleichen Technologie sind die Unterflursammelstellen der Überbauungen «Im Lenz» und «Widmi» ausgerüstet. Allfällige Störungsmeldungen gehen automatisch an den Werkhof der Stadt Lenzburg. Zudem wird die Sammelstelle «Im Lenz» erst geleert, wenn der Werkhof eine vom Sensor ausgelöste Füllstandmeldung erhält. Das spart überflüssige Entsorgungsfahrten.
Apropos Fahrten: Als Massnahme für die Smart City Lenzburg beteiligt sich die SWL Energie AG am E-Carsharing «E-Cargovia». «In einer Smart City ist es wichtig, nach dem Prinzip ‹try and error› Verschiedenes auszuprobieren und aus den Erfahrungen zu lernen», sagt Markus Blättler. «Im Fokus muss dabei immer der Nutzen für die Kundinnen und Kunden stehen.» Die Bevölkerung behält auch Stadtammann Daniel Mosimann im Blick: «Trotz der digitalen Lösungen wollen wir den Kontakt unter und mit den Bürgern erhalten.»
Smart City Lab Lenzburg
Am Smart City Lab vom 24.und 25. April 2020 entwickeln die Teilnehmenden gemeinsam neue Ideen und kreative Lösungen für die Stadt Lenzburg. Alle Interessierten sind dazu eingeladen. Die Teilnehmenden wählen, bei welcher Challenge sie mitarbeiten möchten. Zum Schluss stellt jedes Team sein Ergebnis vor. Mehr erfahren: opendata.ch
Augmented Reality bei der Instandhaltung
Wenn es um die digitalisierte Instandhaltung geht, gehört die SWL Energie AG zu den Pionieren. Ihre Mitarbeitenden können per Smartphone oder Tablet auf alle Anlagendaten zugreifen und werden von einer Software bei den Instandhaltungsarbeiten unterstützt. In der Smart City von morgen wird zusätzlich sogenannte Augmented-Reality-Technologie zum Einsatz kommen: Eine App oder eine spezielle Brille zeigt den SWL-Mitarbeitenden mit Hilfe von Geodaten, welche Leitungen sich direkt unter ihnen in der Strasse befinden. So lassen sich die Leitungen noch einfacher lokalisieren.
«E-Cargovia» – bald auch in Lenzburg
Zu den geplanten Massnahmen für die Smart City Lenzburg gehört das Angebot «E-Cargovia». Es richtet sich an Personen, die kein eigenes Auto besitzen oder künftig darauf verzichten wollen. Sie können zu fairen Alles-dabei-Preisen ein Elektroauto mieten – ob für eine Stunde oder mehrere Tage. Sämtliche Schritte laufen über eine App. Die Flotte von «E-Cargovia» wächst gemäss der Nachfrage. Mehrere Elektroautos stehen schon in der Region Aarau bereit. In Lenzburg soll das erste im Sommer 2020 an einem zentralen Standort in der Altstadt platziert werden. «E-Cargovia» kennenlernen: swissecar.ch