Aus erneuerbarem Strom klimafreundliches Gas machen: In Dietikon (ZH) ist das bald möglich. Auf dem Areal des Regiowerks Limeco entsteht die grösste Power-to-Gas-Anlage der Schweiz. Die SWL Energie AG hat das Vorzeigeprojekt als Partnerin mitermöglicht.
Im vergangenen September drückte SWL-Geschäftsführer Markus Blättler eine Schaufel in den Boden. Gemeinsam mit weiteren am Projekt Beteiligten läutete er beim Spatenstich den Baubeginn der Power-to-Gas-Anlage in Dietikon ein. Diese wird voraussichtlich im Winter 2021/22 erstmals erneuerbares Gas ins Netz einspeisen.
Der Standort von Limeco eignet sich ideal, weil es hier die nötigen Anlagen fürs Power-to-Gas-Verfahren (siehe weiter unten) gibt: Die Kehrichtverwertungsanlage liefert den erneuerbaren Strom, um zuerst Wasserstoff zu produzieren. Und bei der Abwasserreinigungsanlage entsteht Klärgas, dessen CO2 dann mit dem Wasserstoff zu erneuerbarem Gas vermischt wird. Dieses speist Limeco ins Gasnetz ein. So braucht die Schweiz etwas weniger Erdgas zu importieren.
Beitrag zur Energiewende
Das Vorzeigeprojekt wird ermöglicht, weil sich die SWL Energie AG und sieben weitere Energieunternehmen bereit erklärt haben, Limeco das erneuerbare Gas abzunehmen. So finanzieren sie die Investitionen in die zukunftsträchtige Anlage mit. Auch das Bundesamt für Energie unterstützt das Projekt.
Die Power-to-Gas-Anlage treibt die Energiewende in der Schweiz voran. Denn die Energiestrategie 2050 sieht vor, den Strom aus Kernkraft durch Solar-, Wasser-und Windkraft zu ersetzen. Damit wird künftig im Sommer mehr Strom produziert als verbraucht. Im Winter hingegen, wenn der Energiebedarf grösser ist, muss die Schweiz Strom importieren. Power-to-Gas ist eine Schlüsseltechnologie, um den Ausgleich zu schaffen und überschüssige erneuerbare Energie saisonal zu speichern. Während die bisherigen Power-to-Gas-Anlagen in der Schweiz primär der Forschung dienten, wird jene in Dietikon deutlich grösser sein und erstmals erneuerbares Gas in industriellem Massstab produzieren.
Mehr erfahren: www.powertogas.ch
So funktioniert die Anlage
Der erneuerbare Strom aus der Kehrichtverwertungsanlage wird genutzt, um Wasser (H2O) in Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) zu spalten – die sogenannte Elektrolyse.
Der Wasserstoff gelangt zusammen mit Klärgas aus der Abwasserreinigungsanlage in einen Bioreaktor.
Emsige Mikroorganismen, sogenannte Archaeen, produzieren aus dem Wasserstoff und dem im Klärgas enthaltenen Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4). Dieses Gas ist der Hauptbestandteil von Erdgas.
Damit sich das erneuerbare Gas ins Gasnetz einspeisen lässt, braucht es einen Methangehalt von mindestens 96%. Dazu wird es aufbereitet und gereinigt. Unter anderem muss sichergestellt sein, dass nicht mehr als 2% Wasserstoff darin enthalten ist.
Zum Schluss bekommt das erneuerbare Gas aus Sicherheitsgründen einen intensiven Geruchsstoff mit auf seinen Weg (Odorierung). Dadurch fällt ausströmendes Gas sofort auf.
Fragen & Antworten
Warum ist das in der Power-to-Gas-Anlage produzierte Gas klimafreundlich? Beim Verbrennen entsteht ja auch CO2 …
Das stimmt. Doch dieses CO2 ist nahezu klimaneutral, weil es aus Klärgas stammt. Die Pflanzen, aus denen Nahrungsmittel und später der Klärschlamm entstehen, haben beim Wachsen gleich viel CO2 aus der Luft aufgenommen, wie das erneuerbare Gas beim Verbrennen produziert – ein natürlicher Kreislauf.
Die Power-to-Gas-Anlage befindet sich nicht in der Region Lenzburg. Wie kann die SWL Energie AG trotzdem erneuerbares Gas von dort beziehen?
Das physische Gas und der ökologische Mehrwert – der sogenannte Herkunftsnachweis – werden beim Gas genau wie beim Strom unabhängig voneinander gehandelt. Das Gas selbst gelangt ins Dietiker Gasnetz. Die SWL Energie AG erhält einen Teil der Zertifikate für den ökologischen Mehrwert und kann dadurch bei ihren Gasprodukten den Anteil erneuerbares Gas weiter erhöhen. Durch die Zertifikate haben die Kundinnen und Kunden die Gewissheit, dass die entsprechende Menge an erneuerbarem Gas produziert und ins Netz eingespeist wurde.
Ist die Power-to-Gas-Technologie bereits ausgereift?
In den vergangenen Jahren wurden in der Schweiz und in anderen Ländern zahlreiche Forschungsprojekte im Bereich Power-to-Gas durchgeführt. Auch das bald in Dietikon angewandte Verfahren ist bereits erfolgreich in Pilotanlagen erprobt worden. Limeco setzt es nun erstmals in industriellem Massstab ein.